Es steht außer Frage, dass moderater Sport in der Schwangerschaft zahlreiche Vorteile mit sich bringt:
- Reduziert das Risiko von Schwangerschaftsdiabetes.
- Reguliert den Blutdruck.
- Hilft, die Gewichtszunahme zu kontrollieren.
- Verhindert Wassereinlagerungen.
- Weniger Übelkeit, Schmerzen und Unwohlsein.
- Besserer Schlaf und bessere Stimmung.
- Bessere allgemeine gesundheitliche Verfassung.
Aber was, wenn eine schwangere Radfahrerin beschließt, dass jene moderate Form von Training der Radsport sein soll? “Du bist verrückt, du gefährdest dein Baby, was ist, wenn du vom Rad fällst?”. Dies schürt bei Radfahrerinnen Zweifel und Ängste und hält sie so von einem tollen Sport und Verkehrsmittel fern.
All das fußt auf der Vorstellung, dass Frauen das schwächere Geschlecht sind, dass Radsport kein Sport für Mädchen ist, dass das Sitzen auf dem Sattel nicht nur unanständig, sondern auch gefährlich für Sexualität und Reproduktion ist. Wie wir in unserem letzten Beitrag gesehen haben, ist nichts davon wahr. Schwangere Frauen sollten sich also keinesfalls dazu gedrängt fühlen, das Radfahren aufzugeben. Jede Frau sollte selbst entscheiden, was sie möchte, dabei auf ihren Körper hören und vorher den Rat eines Arztes einholen.
Da jede Frau und jede Schwangerschaftsphase anders ist, sollten die Antworten auf die folgenden Fragen niemals die Empfehlungen eines Fachmanns (Gynäkologe, Geburtshelfer, Hausarzt) ersetzen.
Ist es okay, während der Schwangerschaft Rad zu fahren?
Darauf gibt es keine klare Antwort. Es gibt nur wenige Studien und so fehlen stichhaltige wissenschaftliche Beweise auf Basis derer sich eine allgemeine Empfehlung aussprechen ließe.
Jede Schwangere sollte einen Arzt konsultieren, sowohl einen Allgemeinmediziner als auch einen Gynäkologen, ihren Fall beurteilen lassen und so herausfinden, ob es möglicherweise medizinische und/oder geburtshilfliche Gegenindikationen gibt. Und sie kann sich Rat einholen, wie sich das sportliche Vorhaben am besten umsetzen lässt.
Nach der ärztlichen Untersuchung und Beratung sollte jede Frau einfach auf ihren eigenen Körper hören.
Bei einer unkomplizierten Schwangerschaft lauten die Empfehlungen wie folgt:
Beim Radfahren sollte frau ein moderates Tempo einhalten (schnelles Atmen, aber noch in der Lage sein, ein Gespräch zu führen). Sollten während der Fahrt Beschwerden auftreten, unbedingt einen Arzt konsultieren, um sicherzustellen, dass mit dem Training fortgefahren werden kann. Es gibt zwar einige Studien, die die Durchführung 15-sekündiger Intervalle bei hoher Intensität positiv bewerten, doch sind hierzu weitere Untersuchungen nötig.
Nicht an Regentagen oder auf nassen und rutschigen Straßen fahren. Setze dich lieber auf deinen Heimtrainer und fahre zu Hause. Sollte das Neuland für dich sein, findest du hier einen Leitfaden, der dir den Einstieg erleichtert.
Auf dem Mountainbike ist besondere Vorsicht geboten, da die Sturzgefahr größer ist als beim Fahren auf der Straße. Vermeide unnötige Gefahrensituationen. Entscheide dich für weniger anspruchsvolle Strecken, weiche auf die Straße aus oder entscheide dich für deinen Heimtrainer.
Hast du noch nie auf dem Rad gesessen und möchtest während der Schwangerschaft mit dem Radfahren beginnen, solltest du es langsam angehen und schauen, wie es dir damit geht. Fünfzehnminütige Fahrten auf Radwegen oder verkehrsarmen Straßen sind ein guter Anfang.
Achte stets auf deine Körpertemperatur, damit du nicht überhitzt. Genau aus diesem Grund sind 30-minütige Trainingseinheiten bei moderater Intensität die beste Wahl. Achte auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr und nimm dir Zeit fürs Cooldown. Vor allem dann, wenn du länger als eine Stunde und/oder bei sehr heißem und feuchtem Wetter unterwegs bist. Wähle die richtige, leichte Kleidung, um dich frisch und wohl zu fühlen.
Ist es sicher für mein Baby?
Bei einer unkomplizierten Schwangerschaft ist das Baby genauso sicher wie seine Mutter. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Art von Bewegung, um die es hier geht, das Risiko vorzeitiger Wehen erhöht oder das durchschnittliche Schwangerschaftsalter bei der Geburt senkt. Auch gibt es keine Beweise dafür, dass Neugeborene anschließend Komplikationen erleiden. Nun, vielleicht hörst du bei ihrem ersten Schrei nach der Geburt “Allez, Allez!” und sie wollen lieber die Tour de France sehen als Zeichentrickfilme, aber das ist das Risiko wert.
Trotzdem sollte immer das Vorsorgeprinzip gelten. Leidest du an Schmerzen oder Unwohlsein, brich das Training ab und mache einen Termin bei deinem Arzt. Das Gleiche gilt für eventuelle Schwangerschaftskomplikationen. Lege das Radfahren am besten so lange auf Eis, bis du das Baby in den Armen hältst.
Da jede Schwangerschaft einzigartig ist, mache dir keinen Stress, wenn du nicht fahren kannst oder willst. Angst ist eine natürliche, mütterliche Reaktion. Suche dir eine andere körperliche Aktivität, bei der du dich wohl und sicher fühlst. Schon bald wirst du wieder auf dem Fahrrad sitzen, dieses Mal mit einem kleinen Menschen an deiner Seite. Wirf gerne einen Blick auf unseren Leitfaden zum Thema wie man Babys und Kleinkinder auf dem Rad transportieren sollte. Darin erfährst du mehr über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Optionen.
Können holprige Straßen die Schwangerschaft gefährden?
Es gibt keine Studien zu diesem Thema, denn es herrscht ein allgemeiner Konsens darüber, seinen Fötus nicht absichtlich ungewissen und unsicheren Situationen auszusetzen. Da es keine wissenschaftlichen Beweise gibt, greift erneut das Vorsorgeprinzip. Heißt, Risiken minimieren und Schlaglöcher und holprige Straßen meiden. Vor allem beim Mountainbiking ist die Gefahr eines Sturzes größer als auf der Straße.
Wie stellt man das Fahrrad ein, um während der Schwangerschaft sicher und bequem fahren zu können?
Was die Körperhaltung auf dem Fahrrad betrifft, so wurde in dieser Studie das aufrechte Radfahren gegenüber dem halbliegenden Radfahren während der Schwangerschaft untersucht. Keine der beiden Haltungen zeigte einen klaren Vorteil und beide waren für kurze Fahrten (12 Minuten) sicher.
Es gibt zwar einige Studien über mittellange und lange Touren, aber die Stichprobe ist so klein, dass sie keine Schlussfolgerungen zulässt.
Im Laufe der Wochen wirst du deine Haltung anpassen müssen, indem du einen kürzeren Vorbau verwendest und ihn nach oben schiebst. Viele Fahrradvorbauten können umgedreht werden, um den Lenker anzuheben. Fehlt diese Möglichkeit bei deinem Vorbau oder hat er einen positiven Winkel (sogenannter “Rise”), solltest du ihn austauschen.
Fährst du aufrechter, lastet mehr Gewicht auf dem Sattel und du benötigst einen breiteren Sattel für besseren Halt und Komfort. Da sich dein Schwerpunkt im Laufe der Wochen verändern wird, kannst du den Sattel für mehr Sicherheit beim Fahren auch ein paar Millimeter absenken. Durch das Absenken des Sattels gewinnst du beim Treten an Stabilität und hältst deine Füße zur Unterstützung näher am Boden.
Wie lange muss ich warten, bis ich wieder mit dem Radfahren beginnen kann?
Auch hier gibt es keine allgemeingültige Antwort. Mache dir keinen Druck, dich wieder in den Sattel zu schwingen. Lasse dir Zeit, kümmere dich um dein Baby und dich selbst und genieße die Mutterschaft. Das Fahrrad kann warten. Wenn du dich bereit fühlst, wieder zu fahren, solltest du nichts überstürzen und deinem Körper Zeit geben, sich zu erholen. Je nach Art der Entbindung kannst du Unbehagen und sogar Schmerzen verspüren (vaginal, abdominal, im Bauch, im Rücken), also übertreibe es nicht, indem du zu weit, zu schnell, zu früh fährst.
Wurdest du genäht, warte mit dem Fahren, bis die Naht vollständig verheilt ist
Nach einer Kaiserschnittentbindung sollte man noch vorsichtiger sein und abwarten, bis man sich vollständig erholt hat. Jede Belastung des Unterleibs kann Schmerzen verursachen und es braucht möglicherweise mehr Zeit, um eine bequeme Position auf dem Fahrrad zu finden.
HINWEIS: Wenn du dein Fahrrad während der Schwangerschaft verstellt hast, stelle es nicht sofort wieder um, sondern passe die Position mit der Zeit an.
Die empfohlene Aktivität beträgt etwa 30 Minuten pro Tag bei moderater Intensität.
Wenn du stillst (was von der WHO empfohlen wird, aber immer eine persönliche Entscheidung ist), brauchst du dir keine Gedanken über die Flüssigkeitszufuhr oder die Ernährung zu machen. Es sei denn, du bist Leistungssportlerin oder trainierst sehr intensiv. In diesem Fall musst du Ernährung und Flüssigkeitszufuhr so planen, dass du weiterhin hart trainieren und gleichzeitig dein Neugeborenes stillen kannst.
Schließlich darf man nicht vergessen, dass Frauen nach der Geburt nicht nur emotionale und psychologische, sondern auch körperliche Veränderungen in unterschiedlichem Ausmaß erfahren. Glücklicherweise erlauben die in der Radsportbekleidung verarbeiteten elastischen Materialien es Kleidungsstücken wie Trikots, Trägerhosen oder Unterwäsche sich perfekt anzupassen und Halt und Kompression zu bieten, ohne unbequem zu sein. Da die Brüste durch das Stillen besonders empfindlich sind, solltest du dich für extrem weiche Merinowolleunterwäsche oder einen Sport-BH entscheiden, der zusätzlichen Halt bei gleichzeitigem Komfort bietet.