Über die zahlreichen positiven Auswirkungen, die das Radfahren für Erwachsene und Kinder mit sich bringt, haben wir bereits ausführlich gesprochen. Belege hierfür finden sich in den zahlreichen wissenschaftlichen Studien, die wir bereits in anderen Blogbeiträgen zitiert haben. Doch der Radsport kann auch negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. Über einige davon haben wir bereits gesprochen, wenn damals auch mit einem Augenzwinkern. Heute aber möchten wir uns ernsthaft mit den schädlichen Auswirkungen des Radfahrens auseinandersetzen. Denn dieselben wissenschaftlichen Beweise, die die positiven Auswirkungen des Radfahrens auf unsere Gesundheit untermauern, legen zugleich auch nahe, dass zu viel Zeit im Sattel sich v. a. bei Profi- und sehr ambitionierten Freizeitsportlern negativ auf die eigene Knochengesundheit auswirken kann. Doch wie immer gilt auch hier, die Kirche im Dorf zu lassen. Lass uns also mit einem kleinen Q&A ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.
Ist Radfahren gut für die Knochendichte?
Diese Metaanalyse gelangt zu dem Schluss, dass “eine beträchtliche Anzahl von Studien bereits auf die potenziell schädliche Auswirkungen des Radfahrens auf die Knochengesundheit hingewiesen hat; es jedoch immer noch einige offene Fragen gebe, die der Klärung bedürfen”. Heißt, das Radfahren hat womöglich nicht nur keine positiven Effekte auf die eigene Knochengesundheit, sondern schadet ihr gegebenenfalls sogar. Schon wenig später allerdings wird diese Aussage ein wenig abgeschwächt: “Radrennsport auf Profiniveau scheint für die Knochenmasse schädlicher zu sein als Radrennsport auf Freizeitebene. Auch andere Radsportdisziplinen wie Cross-Country oder Trainingskombinationen aus Radfahren und Laufen scheinen der eigenen Knochengesundheit weniger abträglich zu sein“. Daraus lernen wir: Willst du deiner Knochengesundheit etwas Gutes tun, dann schwing dich lieber auf dein MTB oder laufe zusätzlich zu deinem Training auch mal ein paar Runden um den Block.
Etwas weiter unten können wir die folgende Aussage lesen: “Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass Personen, die Low-Impact-Sportarten wie Radfahren betreiben, einem höheren Risiko für Osteopenie oder Osteoporose ausgesetzt sind. […] Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Rennradsport auf Profiniveau im Vergleich zu High-Impact-Sportarten weniger effektiv zur Erhöhung der Knochenmasse beiträgt. Auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse empfiehlt es sich für Personen mit erhöhtem Osteoporoserisiko, den Radsport durch osteogene Trainingsformen zu ergänzen”.
Heißt: Radsport als alleinige Sportart scheint der Knochengesundheit abträglich zu sein, vor allem für Profis und sehr ambitionierte Freizeitsportler. Leidet man dann zusätzlich noch an einem erhöhten Risiko für Osteopenie oder Osteoporose, dann empfiehlt es sich, bei einem Spezialisten eine Knochendichtemessung durchführen und sich von Trainern und Ernährungsexperten beraten zu lassen. Auf diese Weise stellst du sicher, den Profiradsport auch weiterhin sicher und gesund ausüben zu können.
Warum ist Radfahren schädlich für die Knochendichte?
Hierfür gibt es gleich mehrere Gründe, die zusammengenommen insbesondere für Profisportler negative Auswirkungen auf die Knochendichte haben.
- Radfahren gilt als No- bzw. Very-Low-Impact-Sportart. Dies ist zwar für die Gelenke von Vorteil, für die Knochen jedoch eher ungünstig, da sie nicht mechanisch belastet werden und die Stimulation zum Knochenwachstum daher ausbleibt.
- Die Trainings- und Wettkampfregeneration findet in der Regel im Sitzen oder Liegen statt. Gehen oder gar laufen? Für die meisten Radsportler eher keine Option.
- Fehlendes High-Impact-Training wie etwa Krafttraining. Pumpen im Gym oder Trainingsformen, die nichts mit dem Radsport zu tun haben? Für die meisten Radsportler bis vor kurzem ein Fremdwort.
- Energiedefizit. Bei einer so extensiven Ausdauersportart wie dem Radfahren kann der Kalorienverbrauch die Kalorienzufuhr schnell übersteigen. Und das heißt im Umkehrschluss, dass dem Körper weniger Energie für den Aufbau von Knochenmasse zur Verfügung steht.
- Niedrigeres Körpergewicht und geringer Körperfettanteil. Der Zwang zur Gewichtskontrolle kann sehr gefährliche und ungesunde Ausmaße annehmen. Die geringe Energieverfügbarkeit wirkt sich, wie oben erwähnt, negativ auf die Knochenmasse aus.
- Bewusste oder unbewusste Ernährungsfehler führen nicht nur zu Energiedefiziten, sondern tragen auch zu einem Mangel an wichtigen Vitaminen und Mineralien bei, die für die Gesundheit der Knochen essentiell sind.
- Kalziumverlust durchs Schwitzen. Der größte Teil dieses Mineralstoffs befindet sich in den Knochen. Eine kleine, lebenswichtige Menge zirkuliert im Blut und in den Extrazellularflüssigkeiten. Wenn wir Rad fahren und schwitzen, verlieren wir einen Teil dieses Kalziums. Je mehr wir schwitzen, desto mehr Kalzium verlieren wir. Wird der Kalziumhaushalt nicht durch die Ernährung wieder aufgefüllt, so holt der Körper sich sein Kalzium aus den Knochen.
- Stress, hormonelle Veränderungen und chronische Entzündungen. Zwar ist die Beweislage im Hinblick auf den Radsport eher dünn, doch gibt es Studien, die darauf hindeuten, dass hormonelle Veränderungen, ein erhöhter Kortisolspiegel und chronische Entzündungen den Knochenstoffwechsel stören und zu einem Rückgang der Knochenmasse führen können.
Welche Konsequenzen haben Radsportler zu befürchten?
Nun, da wir die Ursachen kennen, gilt es, zwischen Profi- und Freizeitsportlern zu unterscheiden. Erstere haben zwar ein erhöhtes Risiko für eine niedrige Knochendichte, erhalten im Gegenzug aber auch bessere Beratung und fachliche Unterstützung (oder sollten sie zumindest). Über die Gruppe der Freizeitsportler hingegen lassen sich kaum pauschale Aussagen treffen, da jeder anders trainiert. Als Freizeitsportler gilt es daher immer abzuwägen, wie viele der oben genannten Faktoren auf einen selbst zutreffen. Nur dann lassen sich mit entsprechenden Maßnahmen folgende Gefahren vermeiden:
- Kurzfristig. Eine niedrige Knochendichte erhöht das Risiko von Knochenbrüchen durch Überbelastung oder Traumata. Während Ersteres bei Radsportlern eher selten vorkommt, treten Traumata recht häufig auf. Vor allem bei Wettkämpfen. Zurückzuführen sind diese allerdings weniger auf eine zu geringe Knochendichte als vielmehr auf äußere Faktoren.
- Kurz- bis mittelfristig. Potentielle Leistungseinbußen. Es häufen sich die Hinweise, dass Muskel- und Knochenapparat eng miteinander vernetzt sind. Und das heißt im Umkehrschluss: Für die Leistungsfähigkeit sowohl im Alltag als auch beim Training ist eine gute Knochengesundheit unerlässlich.
- Langfristig. Da wir im Laufe der Jahre an Knochenmasse verlieren, erhöht sich mit dem Alter das Risiko für Knochenbrüche. Für eine höhere Prävalenz von Knochenbrüchen bei pensionierten Spitzenradsportlern gibt es jedoch keine eindeutigen wissenschaftlichen Belege.
Was können Radsportler tun, um ihre Knochengesundheit zu verbessern?
Du bist Radsportler und das Thema Knochengesundheit ist für dich von besonderer Bedeutung, weil du einer Risikogruppe angehörst? In diesem Fall ist professionelle Beratung das absolute A und O. Aber kein Grund zur Sorge, das heißt natürlich nicht, dass du den Radsport an den Nagel hängen und zur Couchpotatoe werden sollst. Es gilt nur ein paar Dinge in Sachen Ernährung, Training und Lebensführung zu beachten und du kannst getrost weiterhin und vor allem sicher in die Pedale treten.
- Integriere die eine oder andere Kraft- oder Resistenzeinheit in deinen Trainingsplan. Hier empfiehlt es sich, v. a. auf Funktionalität zu setzen und die großen Muskelgruppen anzusprechen.
- Setze auch auf High-Impact-Sportarten wie Laufen, Seilspringen, Basketball, Fußball, Tennis…
- Versuche dich auch in anderen Radsportdisziplinen wie Gravel, MTB oder Cyclocross. Im Hinblick auf das Knochenwachstum bieten sie gegenüber dem Rennradsport so einige Vorteile.
- Setze auf aktive Erholung. Vor allem als ambitionierter Freizeitsportler.
- Ernähre dich trainingsgerecht.
- Ernähre dich gesund; mit Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen und möglichst naturbelassenen Getreidesorten.
- Meide ungesunde Nahrungsmittel wie hochverarbeitete Lebensmittel mit viel raffiniertem Zucker und Salz, gesättigten Fetten, gehärteten Ölen…
- Vorsicht vor Kalziumpräparaten. Die Allgemeinbevölkerung nimmt bereits genug Kalzium mit der Nahrung auf und laut Studienlage trägt eine überhöhte Kalziumzufuhr nicht dazu bei, die negativen Effekte des Radsports auf die Knochendichte abzuschwächen. Diese Studie allerdings hat gezeigt, dass ein kalziumreiches Frühstück zwei Stunden vor einer in- und extensiven Trainingseinheit die Rückresorption von Kalzium aus den Knochen verringert. Natürliches Kalzium findest du in: Milchprodukten, grünem Blattgemüse, Nüssen, Hülsenfrüchten, Sardinen in Öl, Eiern…
- Vitamin D ist für die Knochengesundheit von entscheidender Bedeutung. Den Großteil produziert unser Körper durch Sonneneinstrahlung (10-15 Minuten pro Tag). Bist du also öfter mit dem Rad unterwegs, dürfte dein Bedarf gut abgedeckt sein. Andernfalls stellen fetter Fisch, Käse, Butter, Eier und Leber wichtige Vitamin-D-Quellen dar. Vitamin-D-Präparate sollten nur auf ärztliche Verordnung hin eingenommen werden, da eine Überdosierung gefährlich sein kann und auch nicht automatisch besser vor Knochenbrüchen schützt.
- Lebe gesund. Dinge wie Rauchen oder Alkohol sollten möglichst tabu sein.
Und zum Schluss möchten wir noch einmal darauf hinweisen, dass vor allem die lieben Radsportlerinnen unter uns besonders auf ihre Knochengesundheit achten sollten. Vor allem dann, wenn bereits eine gewisse Disposition besteht oder frau Profi oder ambitionierte Freizeitsportlerin ist oder bereits die Meno- oder Postmenopause durchläuft. Hier empfiehlt es sich, zusätzlich zu den oben genannten Lebensstil- und Ernährungsempfehlungen eine Knochendichtemessung durchführen zu lassen.
Ich hätte nicht gedacht, dass es Hinweise darauf gibt, dass Radfahren sogar schädlich für die Knochengesundheit ist. Ich habe die letzten Monate Probleme mit meinem Becken und möchte eine Knochendichtemessung durchführen lasen. Die nächsten Tage suche ich mir eine geeignete Fachpraxis.
Hallo Mario,
Radfahren kann der Gesundheit Ihrer Knochen schaden, aber nur, wenn Sie zu viel oder zu hart trainieren und keinen anderen Sport treiben.
Wenn Sie Probleme mit Ihrem Becken haben, sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen und Ihre Knochengesundheit überprüfen lassen.
Mit freundlichen Grüßen