Nachdem wir uns in diesem Basic-Guide bereits näher mit dem Powermeter, seiner Funktionsweise und den verschiedenen Typen beschäftigt haben, möchten wir dir nun erklären, wie du das Gerät in dein Training einbinden kannst, um dich selbst zu fordern und noch intensiver zu trainieren. Ganz gleich, ob du mit dem Powermeter ein besseres Verständnis für deinen Körper entwickeln oder deine Leistung verbessern möchtest, halte dich am besten immer an folgende Basics:
Installation und Nullpunktkalibrierung
Für die korrekte Installation des Powermeters sind unbedingt die Anweisungen des Herstellers zu beachten. Nach der Installation des Leistungsmessers ist es wichtig, eine Nullpunktkalibrierung durchzuführen, um möglichst genaue Daten zu erhalten. Wird der Powermeter nicht regelmäßig kalibriert, kann dies zu einer Unausgewogenheit der Daten und somit zu einem zu hohen oder zu niedrigen Trainingsvolumen führen. Bei der Nullpunktkalibrierung werden alle Daten aus früheren Trainingseinheiten gelöscht, z. B. die Wetterbedingungen oder ob du drinnen oder draußen trainiert hast. Die Nullpunktkalibrierung sollte vor jedem Training durchgeführt werden.
Teste deine FTP (Functional Threshold Power)
Der FTP-Test ist ein Test zur Bestimmung der maximalen Energie, die bei konstanter intensiver Belastung aufgebracht werden kann. Der Test wird in der Regel auf einem Indoor-Trainer oder auf einer langen, konstanten Steigung durchgeführt und besteht aus einer Aufwärmphase, gefolgt von 20 Minuten maximaler Belastung. Die durchschnittliche maximale Leistung während dieser 20 Minuten multipliziert mit 0,95 ergibt deine ungefähre FTP und hilft dir, deine Trainingszonen entsprechend auszuwählen.
Ermittlung der Trainingszonen
Nun, da du deinen FTP-Wert kennst, kannst du ihn zur Berechnung deiner persönlichen Leistungstrainingszonen heranziehen. Diese Zonen stellen verschiedene Leistungsbereiche dar, die mit unterschiedlichen Leistungsniveaus verknüpft sind:
Zone 1 – Aktive Erholung: Weniger als 55 % der FTP. Training in dieser Zone bedeutet leichtes Training und aktive Erholung. In Zone 1 kann der gesamte Trainingsumfang gesteigert werden, ohne den Körper zu überfordern.
Zone 2 – Aerobe Ausdauer: 56 % bis 75 % der FTP. Diese Zone ist für niedrig-intensives Ausdauertraining gedacht, die Grundlage des Radsporttrainings. Durch das Training in dieser Zone werden Stoffwechseleffizienz und Ausdauerleistung verbessert.
Zone 3 – Geschwindigkeit: 76 % bis 90 % der FTP. Diese Zone verbessert die Fähigkeit, über einen längeren Zeitraum eine hohe Intensität aufrechtzuerhalten. Sie ist wesentlich intensiver als Zone 2, gilt aber immer noch als aerobes Training.
Zone 4 – Laktatschwelle: 91 % bis 105 % der FTP. In diesem Bereich trainiert man innerhalb oder knapp über seiner FTP, was zur Erhöhung der Schwelle beitragen kann. Das Training in diesem Bereich verbessert die Fähigkeit, hochintensive Kurzzeitbelastungen durchzuhalten.
Zone 5 – VO2 max: 106 % bis 120 % der FTP. In dieser Zone wird oberhalb der FTP trainiert, wodurch die anaerobe Kapazität und die Fähigkeit, intensive Kurzzeitbelastungen durchzuhalten und sich wieder davon zu erholen, verbessert werden.
Zone 6 – Anaerobe Leistungsfähigkeit: Über 120 % der FTP. Diese Zone ist für maximale Intensität vorgesehen und wird nur für kurzzeitige Belastungen wie Sprints verwendet. Das Training in dieser Zone verbessert die Maximalkraft und die Leistungsfähigkeit bei Belastungen zwischen 30 Sekunden und 3 Minuten.
Zone 7 – Neuromuskuläre Leistungsfähigkeit: Über 150 % der FTP. Dieser Bereich umfasst maximale Belastungen über extrem kurze Zeiträume, z. B. Vollsprints bis zu 30 Sekunden.
Trainingseinheiten planen
Nun, da du die verschiedenen Leistungsbereiche als Orientierungshilfe hast, kannst du deinen eigenen Trainingsplan erstellen und an verschiedenen Bereichen arbeiten, um deine Gesamtleistung zu optimieren und gleichzeitig an deinen Schwächen zu arbeiten. Wie wäre es zum Beispiel mit einem langen, gleichmäßigen Training in Zone 2, um deine Ausdauer zu verbessern, oder mit einem Intervalltraining in Zone 4, um deine FTP zu steigern?
Datenanalyse
Nach jeder Trainingseinheit kannst du deine Daten analysieren und überprüfen, in welchen Zonen du trainiert hast, wie lange du in jeder Zone verbracht, welche Ziele du erreicht und wie du dich dabei gefühlt hast. Diese Gesamtübersicht (Daten + Wohlbefinden) ermöglicht es dir, deine Zonen und deinen Trainingsplan entsprechend anzupassen. Es gibt verschiedene (kostenlose und kostenpflichtige) Softwareprogramme, die dir bei der Auswertung dieser Daten helfen können, die meisten werden direkt von den Herstellern der Powermeter und Fahrradcomputer angeboten. Je genauer die Analyse, desto teurer und komplexer sind die Programme. Spezifische Kenntnisse und ein tiefes Verständnis der Daten sind entscheidend, um das Beste aus dieser Art von Software herauszuholen. Genau das Richtige also für alle Science- und Datenfreaks unter den Profitrainern und -sportlern.
Mit fortschreitendem Training solltest du merken, dass sich deine FTP erhöht und du deine Leistung über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten kannst. Ist dies nicht der Fall oder hast du das Gefühl, dass mit deinem Körper etwas nicht stimmt, solltest du handeln. Das Problem könnte entweder an deinem Powermeter selbst, an einem falsch durchgeführten Belastungstest, an einem ungeeigneten Trainingsplan oder an deinen Ernährungs- und Erholungsgewohnheiten liegen.
FTP in regelmäßigen Abständen neu bestimmen
Es empfiehlt sich, den FTP-Test in regelmäßigen Abständen, z. B. alle 6 bis 8 Wochen, zu wiederholen, um die eigene Leistungsfähigkeit zu überprüfen. Der Test sollte immer auf die gleiche Weise wie beim ersten Mal durchgeführt werden, am besten auf dem Indoor-Trainer. So eliminierst du alle Variablen, die sich aus der Durchführung des Tests im Freien ergeben.
Durchschnittliche Leistung vs. Normalized Power (NP)
Die Durchschnittsleistung ergibt sich aus der während einer Fahrt erbrachten Leistung dividiert durch die Gesamtdauer der Fahrt. Alle Leistungswerte werden gleich gewichtet, d.h. die Leistung während der Fahrt oder im Stand und die Leistung während eines Sprints sind gleichermaßen relevant.
Die Normalized Power ist etwas komplexer, da sie auch Intensitätsschwankungen berücksichtigt und somit die intensivsten Teile des Trainings stärker gewichtet. Dies geschieht mit Hilfe von Algorithmen. Eine Strecke mit vielen Anstiegen und Abfahrten, bei denen die Leistung stark schwankt, ist beispielsweise körperlich anstrengender als eine konstante Belastung, auch wenn die Durchschnittsleistung in beiden Fällen gleich ist.
Die Verwendung eines Powermeters mag auf den ersten Blick kompliziert erscheinen, ist aber in Wirklichkeit ganz einfach und wird immer preiswerter. Ein Powermeter ist ein sehr nützliches Werkzeug, das dazu dient, die eigene Leistung und den Fortschritt objektiv zu messen, sich selbst besser kennenzulernen, die Trainingseinheiten anzupassen, die Zeit auf dem Rad zu optimieren, einen konstanten und nachhaltigen Rhythmus beizubehalten, zu wissen, wie viel Energie man aufwendet und wie man sich ernähren sollte.
Fazit: Ein Powermeter kann eine gute Investition sein, aber man sollte nicht vergessen, dass der Leistungsmesser wie jedes andere Gerät auch richtig eingesetzt werden muss. Fokussiere dich nicht zu sehr auf Daten und Zahlen und vernachlässige dabei deinen Körper und deinen Geist. Schließlich sind wir alle komplexe Wesen und das bedeutet, dass unser Leben, unsere Umgebung und alles, was wir im Laufe des Tages tun oder denken, immer einen Einfluss auf die Daten hat. Achte darauf, genügend Trainingspausen einzulegen und deinen Körper mit allen Nährstoffen zu versorgen, die er braucht, um weiter zu funktionieren und zu trainieren – und ja, manchmal ist es besser, die Hilfe eines Profis in Anspruch zu nehmen. Klar, man braucht keinen Personal Trainer, um mit dem Powermeter zu trainieren, aber letztlich gilt das Gleiche wie beim Erlernen eines neuen Instruments: Mit einem Lehrer lernt es sich anders als alleine. Mit der Unterstützung, den Ratschlägen und Korrekturen eines Experten spart man Zeit und kann das Beste aus seinem Instrument herausholen. Am Anfang kannst du vielleicht nur ein paar Akkorde spielen, doch am Ende wirst du in kürzester Zeit deinen “Stairway to Heaven” zum Tourmalet rocken.