Dehnen bietet Radsportlern eine gute Möglichkeit, Verletzungen zu vermeiden, die eigene Beweglichkeit zu verbessern und dem Körper zu signalisieren, dass es an der Zeit ist sich nach dem Tritt in die Pedale zu entspannen. Bitte beachte, dass die folgenden 10 Basis-Dehnübungen nach dem Training durchgeführt werden sollen. Sich vor dem Training zu dehnen, ist nicht ratsam. Solltest du dich dennoch aufwärmen wollen, dann setze dich auf deinen Hometrainer oder fahre dich erst locker ein paar Minuten warm.
Im Folgenden außerdem eine detaillierte Anleitung für jede der zehn Übungen, in der du erfährst, welche Muskeln warum gedehnt werden.
Zunächst die drei wichtigsten Regeln, die es zu beachten gilt:
- Dehnung in jeder Position bzw. für jede Gliedmaße 20-30 Sekunden lang halten.
- Nicht wippen. Die Bewegung sollte fließend und progressiv sein.
- Die Dehnung soll angenehm sein, Schmerzen sind unerwünscht.
Nacken dehnen
Durch die Körperhaltung beim Fahrradfahren wird die Nackenmuskulatur stark beansprucht. Die folgende Übung nimmt die Spannung aus den Nackenmuskeln und ebenso aus dem oberen Trapeziusbereich, welcher beim Radfahren ebenfalls stark belastet wird.
Verschränke die Hände bei geradem Rücken hinter dem Kopf und ziehe das Kinn leicht nach unten. Ziel ist, dass dein Kinn die Brust berührt.
Trizeps und Schulter dehnen
Dehnen wir nun den Schulterbereich und den Musculus triceps brachii, einen Armmuskel, der sowohl auf dem Rennrad als auch auf dem Mountainbike stark in Anspruch genommen wird.
Stelle dir vor, dass es zwischen deinen Schulterblättern juckt. Greife mit der rechten Hand hinter deinen Kopf und tue so, als wolltest du dich dort kratzen. Umfasse dann mit der anderen Hand den rechten Ellbogen und drücke ihn hinter dem Kopf nach unten, aber nicht zu fest. Dehnvorgang auf der anderen Seite wiederholen.
Unterarm dehnen
Stelle dich in einen Türrahmen. Presse den ausgestreckten Arm in Schulterhöhe gegen die Wand, der Daumen zeigt dabei nach oben. Dann drehe den Oberkörper nach hinten ein und schon bald wirst du die Dehnung in deinem kompletten Unterarm spüren. Dehnvorgang auf der anderen Seite wiederholen.
Mountainbiker spüren ihre Unterarme beim Halten des Lenkers, beim Bremsen, beim Schalten, beim Ein- und Ausschalten der Lockout-Federung… Auch wenn man nicht jeden Tag Paris-Roubaix fährt, auch auf der Straße wird der Unterarm beansprucht.
Finger dehnen
Nun wollen wir unsere Finger auf gleich zwei unterschiedliche Arten dehnen. Erst die Beuger- und dann die Streckermuskulatur. Hatte man die Finger beim Training stundenlang an Lenker und Bremsen, helfen diese Übungen dabei, die Muskeln wieder zu entspannen.
Um die Fingerbeuger zu dehnen, platziere deine Hände wie beim “Namaste”-Gruß mittig vor der Brust. Fahre mit der rechten Hand nach oben, bis sich die Handfläche in Höhe der Fingerspitzen der linken Hand befindet. Drücke nun die Finger der linken Hand in Richtung linker Ellbogen. Vorgang auf der anderen Seite wiederholen.
Um die Streckermuskulatur zu dehnen, presse deinen linken Arm fest an deinen Oberkörper und winkle deinen Ellbogen um 90 Grad an. Die Hand ist geöffnet und entspannt, so als ob du um etwas bitten würdest. Beuge das Handgelenk um 90 Grad und presse die Finger mit der rechten Hand in Richtung linker Ellbogen.
Oberschenkelvorderseite dehnen
Die Dehnung, die jeder vor oder nach dem Training macht, und die, die am häufigsten falsch durchgeführt wird. Auf keinen Fall solltest du so stark am Fuß ziehen, als wolltest du schnell deine Fahrradschuhe ausziehen. Dehne dich mit Gefühl und schiebe dabei die Hüfte nach vorne. Wenn es dir schwerfällt das Gleichgewicht zu halten, lehne dich gegen eine Wand, einen Straßenpfeiler, einen Baum oder einen anderen stabilen Gegenstand. Achtung, wenn du die Übung auf dem Fahrrad ausführst. Solltest du das Gleichgewicht nicht halten können, läufst du Gefahr vom Rad zu fallen, und das im Stehen.
Der Quadrizeps ist der größte Muskel im Körper und an allen wichtigen Bewegungen beteiligt. Beim Radfahren sorgt er zusammen mit der Gesäß- und Wadenmuskulatur für den Großteil unserer Kraft. Daher ist es wichtig zu wissen, wie man ihn behandeln sollte und wie man ihn mit geeigneten Dehnübungen unterstützen kann.
Rücken und unteren Rücken (Lendenwirbelbereich) dehnen
Strecke deine Arme aus und beuge deinen Brustkorb so weit nach vorne, bis du ihn auf einem Tisch oder auf dem Oberrohr deines Fahrrads ablegen kannst, die Füße sind dabei etwa hüftbreit auseinander. Dein Körper sollte einen 90-Grad-Winkel bilden. Für die Dehnung senke den gesamten Rücken- und Lendenwirbelbereich ab und drücke den Oberkörper in Richtung Boden.
Diese Dehnübung ist für Radsportler äußerst sinnvoll, da der Rücken- und Lendenwirbelbereich jene Bereiche sind, die oft Probleme und Schmerzen verursachen und Beschwerden auslösen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Sei es eine falsche Haltung auf dem Sattel oder dass die untere Rückenmuskulatur beim Radfahren zu stark angespannt wird.
Die Hocke
Gehe in die Hocke, Fersen schulterbreit auseinander, Knie nach außen. Wenn es dir schwerfällt das Gleichgewicht zu halten, lehne dich mit dem Rücken an eine Wand oder stütze dich mit den Händen ab. Dein Gesäß sollte fast den Boden berühren. Blick nach vorne, dein Rücken sollte so gerade wie möglich sein.
Gedehnt werden Soleus, Quadrizeps, Hüftbeuger, Gluteus und Hamstrings sowie Achillessehne und Sehnen in Knie und Hüfte.
Adduktoren dehnen
Setze dich auf den Boden, Rücken gerade. Bringe die Fußsohlen zusammen, umfasse sie mit beiden Händen und beuge dich vorsichtig nach vorne, der Rücken bleibt gerade. Du wirst merken, wie sich die Muskeln in deiner Leiste anspannen. Schmerzen sind tabu, schließlich sind wir nicht Simone Biles oder Jean-Claude Van Damme, die ihre Beine scheinbar mühelos in den Spagat bekommen.
Die Adduktoren unterstützen die Hüftbeugung und -streckung und gehören beim Radfahren nicht unbedingt zu den wichtigsten Muskeln. Genau aus diesem Grund neigen sie dazu, sich zu verkürzen und können leichte, aber sehr unangenehme Schmerzen verursachen. Es ist wichtig, die Adduktoren zu dehnen, so bleiben sie flexibel und führen zu weniger Problemen.
Sitzende Wirbelsäulendrehung
Wir bleiben auf dem Boden. Rechtes Bein ausstrecken und linkes Bein anwinkeln und überkreuzen, bis sich der linke Fuß auf Höhe Außenkante des rechten Knies befindet. Strecke nun den rechten Arm nach vorne und platziere den Ellbogen auf der Außenseite des linken Knies. Linke Hand dabei links in Höhe der Hüfte auf dem Boden platzieren.
Drücke nun den rechten Ellbogen gegen das linke Knie und drehe den Oberkörper leicht nach links, so weit wie möglich. Rücken bleibt gerade. Vorgang auf der anderen Seite wiederholen.
Diese Übung dehnt die Gesäßmuskulatur beider Beine, die Rückenmuskulatur, den Rückenstrecker und die Hüftrotatoren. Sie alle spielen beim Radfahren eine wichtige Rolle.
Oberschenkelrückseite und Waden dehnen
Und zum Abschluss unserer Stretchingroutine eine weitere Übung auf dem Boden. Strecke dein rechtes Bein aus, Fuß dabei leicht nach außen. Winkle dein linkes Bein an und platziere die Fußsohle auf der rechten Oberschenkelinnenseite so nah wie möglich an der Leiste. Wenn möglich, umfasse mit den Händen die Zehen deines rechten Fußes. Geht das nicht, platziere beide Hände neben dem Bein und versuche, so nah wie möglich an den rechten Fuß zu kommen.
In dieser Position den Oberkörper leicht in Richtung rechtes Bein beugen, so weit du kannst. Denke daran: Nicht zu viel Kraft aufwenden und nicht wippen, Schmerzen sind tabu. Du solltest nur einen leichten “Dehnungsschmerz” spüren. Dein rechtes Knie sollte den Boden berühren. Ist das nicht möglich ist, setze dich auf ein Handtuch, in erhöhter Position wird dir die Dehnung leichterfallen. Mit dem anderen Bein wiederholen.
Gesäßmuskeln, Oberschenkelrückseite, Waden, Soleus… mit dieser Übung werden alle Muskeln der Beinrückseite gedehnt und somit ist die Stretchingroutine für heute beendet. Nun noch eine Dusche, einen Happen zu essen und schon bist du wieder mehr als fit für die nächste Tour.