In diesem Leitfaden für Radfahranfänger gehen wir auf die einzelnen Bestandteile der Gangschaltung ein, erklären, wie sie funktioniert und verraten dir eine Reihe von Tipps und Tricks, wie du sie richtig nutzen kannst. Unabhängig von Fahrradtyp und -disziplin nun anbei ein paar allgemeine Hinweise, die dir dabei helfen sollen, deine Gangschaltung schnell zu bedienen und Fehler zu vermeiden.
Machen wir uns zunächst mit den einzelnen Komponenten der Gangschaltung vertraut:
- Schalthebel. Der rechte Schalthebel schaltet die hinteren (Kassette) und der linke Schalthebel die vorderen Gänge (Kettenblätter). Die einzigen Schaltungen, bei denen diese Regel nicht greift, sind die elektronischen Rennrad-Schaltgruppen von Sram.
- Umwerfer.
- Schaltwerk.
- Stahldrähte und -hüllen in mechanischen Schaltungen. Elektronische Schaltgruppen verzichten auf Metalldrähte oder -hüllen und verwenden stattdessen Elektrokabel oder, wie bei den kabellosen Schaltgruppen von Sram, keine Kabel.
- Kettenblätter.
- Kassette.
- Kette.
Wie funktionieren Gangschaltungen?
Bei mechanischen Gruppenschaltungen gibt es an jedem Gangschalthebel einen oder zwei Bedienungshebel. Wenn man diese betätigt, bringt man entweder Spannung auf das sich in der Hülle befindliche Metallkabel oder man gibt ihm mehr Raum. Auf diese Weise werden Umwerfer oder Schaltwerk angezogen (oder gelockert) und das Kettenblatt oder die Ritzel angehoben oder abgesenkt.
Bei elektronischen Schaltungen wird durch Drücken der Knöpfe am linken oder rechten Schalthebel ein elektrisches Signal gesendet, das den Umwerfer- bzw. Schaltwerkmechanismus aktiviert (gilt nicht für elektronische Rennrad-Schaltgruppen von Sram).
Woher weiß man, wie viele Gänge ein Fahrrad hat?
Je nach Anzahl der Kettenblätter und Kassettenritzel gibt es Fahrräder mit 2×10, 2×11, 2×12, 1×11 oder 1×12 Gängen. Es gibt noch viele weitere Optionen, aber dies sind bei den heutigen Rennrädern und Mountainbikes die gängigsten, man kommt also auf 20, 22, 24, 11 bzw. 12 Gänge. Manchmal behaupten Radfahrer, ein 9-, 10- oder 11-Gang-Rad zu haben. Hierbei beziehen sie sich aber nur auf die Anzahl der Kassettenritzel und zählen die Kettenblätter nicht mit.
Jeder Gang ist eine Kombination aus der Anzahl der Zähne auf dem Kettenblatt und der Anzahl der Zähne auf dem Ritzel. Wenn wir Kettenblätter mit 50/34 Zähnen haben und es einen Bereich von 11 bis 28 Zähnen auf der Kassette gibt, erhalten wir 50×11 als höchsten Gang und 34×28 als niedrigsten Gang. Wir schalten also “hoch”, wenn wir in einen höheren Gang schalten und “runter”, wenn wir in einen niedrigeren Gang schalten.
Tipps für die korrekte Bedienung der Gangschaltung
Vermeide Kreuzschaltungen. Je gerader die Kette, desto geringer die Reibung und desto schneller und effizienter die Kraftübertragung von den Pedalen. Vergiss nicht, dass sich eine gekreuzte Kette an vier Stellen biegt. Wenn sie vom Ritzel kommt, wenn sie in das Kettenblatt eintritt, wenn sie das Kettenblatt von unten verlässt und wenn sie in das Käfigblech des Schaltwerks eintritt. Je mehr Kreuzungen, desto mehr biegt sie sich.
Deshalb ist es bei Fahrrädern mit Doppelkettenblatt besser, nicht die 3 kleinsten Ritzel zu verwenden, wenn man auf dem kleinen Kettenblatt ist und nicht die 3 größten, wenn man auf dem großen Kettenblatt ist. Hält man sich nicht an diese Regel und schaltet gerne mit überkreuzter Kette und bei gespanntem Schaltwerk, dann muss man sich nicht wundern, wenn man wie Andy Schleck endet.
Zu kräftiges Schalten (Schalten unter Krafteinwirkung) ist schlecht für den Antriebsstrang. Es immer richtig hinzubekommen ist schwer, aber versuche deine Tretbewegungen an die Schaltvorgänge anzupassen. Tritt langsamer in die Pedale, schalte und lege dann wieder mit voller Kraft los. Das ist besonders dann sinnvoll, wenn man zwischen den Kettenblättern schaltet. So kann man sicher sein, dass der Gang richtig eingerastet und die Kette nicht abgesprungen ist. Du weißt, dass du es richtig machst, wenn sich das Schalten bei dir nicht so anhört wie bei den Profis mitten in einem Rennen.
Unter KEINEN Umständen solltest du das Kettenblatt schalten, wenn du auf den Pedalen stehst, sonst riskierst du einen schweren Sturz.
Bei Fahrrädern mit zwei oder drei Kettenblättern hat man das Problem, dass sich die Trittfrequenz beim Schalten der Kettenblätter abrupt ändert. Um dies zu vermeiden (und was eigentlich viele elektronische Gruppenschaltungen tun), kann man das Schalten des Kettenblatts am besten mit dem Schalten des Ritzels synchronisieren. Wenn man zum Beispiel von 1×8 auf 2×8 schaltet, ist der Wechsel zu abrupt, die Trittfrequenz wird reduziert und man muss mehr Kraft auf die Pedale ausüben. Hier wäre es günstiger, auf 2×6 oder 2×5 zu wechseln, also zwei oder drei Ritzel höher.
Unabhängig vom Terrain (bergauf, bergab, eben, hügelig) rät es sich immer, vorauszudenken, zu überlegen, was einen erwartet, wie sich das Treten anfühlen könnte, und dann den Rhythmus den Gegebenheiten anzupassen. Warte nicht bis zum letzten Moment, um dann plötzlich mehrere Gänge hoch oder runter zu schalten. Das kann dazu führen, dass die Kette reißt oder abspringt, besonders wenn es bergauf geht.
In jedem Gelände sollte sich einen Gang finden, mit dem man bequem fahren kann, und wie wir immer sagen: Jeder Radfahrer hat sein eigenes Niveau und sein eigenes Tempo. Wir können dir nicht sagen, welches deines ist oder welches effizienter ist, weil wir es schlicht nicht wissen. Es kommt darauf an, was du beim Radfahren erreichen willst und welchen “Motor” du hast. Dieser Motor ist dein ganzer Körper, von deinen Beinen über dein Gehirn bis hin zu deinem Herzen, deiner Lunge und deinem Blut. Wenn du mit deiner Familie oder deinen Freunden eine Fahrradtour machst, willst du ein gemütliches Tempo, damit ihr euch unterhalten und die Fahrt genießen könnt. Wenn du hingegen den QOM- oder KOM-Titel (Queen oder King of the Mountains) holen willst, wird dein Tempo so bequem sein wie das Nagelbett für einen Fakir.
So viel zur Theorie. Um das Schalten zu lernen, setze dich einfach auf dein Rad und suche dir eine einfache Strecke mit verschiedenen Geländen. Auf diese Weise gewöhnst du dich an die Bedienung der Schaltung, probierst die Gänge aus und spürst, wie es sich anfühlt, in verschiedenen Trittfrequenzen auf unterschiedlichem Terrain zu fahren. Je mehr Zeit du auf dem Rad verbringst, desto vertrauter wird dir das Schalten und irgendwann wirst du sogar das Gefühl haben, gar nicht mehr schalten zu müssen, um die Steigung zu bewältigen, die am Anfang noch so schwierig war. Beiße einfach die Zähne zusammen, tritt fester in die Pedale und gehe an deine Grenzen – du wirst sehen, dass die Gänge in dir stecken.