Unser erster Tipp für dich lautet: Schenke all den Mythen über die richtige Flüssigkeitszufuhr für Radsportler keinen Glauben. Zur Verdeutlichung hier ein Beispiel für “Empfehlungen”, auf die du vielleicht stoßen wirst, wenn du nach Informationen über die richtige Flüssigkeitszufuhr beim Radfahren suchst:
Verlasse dich nicht auf deinen Körper. Man kann sich in Sachen Durst nicht allein auf sein Gehirn verlassen. Das reicht nicht. Auf dem Rad kann man innerhalb von drei Stunden dehydrieren. Man muss auch dann trinken, wenn man nicht durstig ist. Man muss seinen Flüssigkeitshaushalt auffüllen. Trinke. Jede Stunde eine Flasche. Mindestens. Wenn du in Bestform sein willst, musst du trinken. Ständig trinken. Und nicht nur Wasser. Auch andere Sachen. Dieses isotonische Getränk und diese mit Mineralien angereicherten Tabletten. Kaufe dir diese Getränkepulvermischungen, die Profis tun es auch.
Aber auch die Profis trinken mal Minicolas und in Sagans Team genehmigen sie sich nach der Tour auch mal ein Bier.
Aber schon klar, die Softdrink- und Bierhersteller wollen uns auch von den “Vorteilen” ihrer Produkte überzeugen.
Man macht uns weis, dass wir trinken müssen, weil angeblich unsere Leistung beeinträchtigt wird, wenn wir 2-3 % unseres Körpergewichts durch Schwitzen verlieren. Aber wie sind dann die Ergebnisse dieser Studie über den berühmten äthiopischen Athleten Haile Gebreselassie zu erklären? Er wurde vor und nach seinem Sieg beim Dubai-Marathon 2009 gewogen, welchen er in in 2:05:29 zurücklegte. Er hatte während des Rennens 9,8 % seines Gewichts verloren. Seine Leistung war eindeutig nicht beeinträchtigt
Es gibt viele Beispiele von Elitesportlern, die Wettkämpfe gewinnen, dabei besagten Verlust von 2-3 % überschreiten und damit die Grenze dessen erreichen, was manche als Dehydrierung bezeichnen würden. Ob das für einen Radfahranfänger oder einen Amateurrennfahrer bei einem Rennen empfehlenswert ist? NEIN. Es ist gefährlich, einem Radsportler zu raten nicht zu trinken und ihm weiszumachen, dass er durch Dehydrierung Gewicht verliert und schneller fährt. Es ist ebenso gefährlich (und potenziell tödlich), dem gleichen Radfahrer zu sagen, dass er vor, während und nach dem Fahren trinken muss, auch wenn er keinen Durst hat. Denn angesichts der ständigen Verfügbarkeit von Wasser ist das Risiko einer Hyponatriämie größer als das der Dehydrierung.
Auch wenn man uns etwas anderes weismachen will, unser Körper und unser Gehirn sind hochentwickelte Maschinen. Während des Trainings verbrennen wir Brennstoff (Kohlenhydrate, Fette oder Proteine). In der Folge erzeugen wir zwei Produkte: CO2, das wir beim Ausatmen ausstoßen und damit seine Menge in unserem Organismus reduzieren, und Wasser, das in unseren Körper gelangt. Außerdem gibt es eine Glykogenreserve von ~500 Gramm (Muskel und Leber). Auf jedes Gramm Glykogen kommen zwischen 1 und 3 Gramm Wasser. Wenn wir mit dem Radfahren beginnen, verbrauchen wir das Glykogen und geben ca. 0,5 – 1,5 l Wasser in unseren Körper ab, das dieser weiterverarbeitet.
All dieser wissenschaftliche Hokuspokus dient dazu, den Mythos zu entkräften, dass Flüssigkeitszufuhr wichtiger ist als Durst. Natürlich meinen wir damit nicht, dass du die Flüssigkeitszufuhr komplett einstellen sollst. Vertraue deinem Körper und deinem Gehirn. Trinke, wenn du durstig bist.
Unser zweite Tipp lautet, dass es keine allgemeingültigen Ratschläge zur Flüssigkeitszufuhr gibt, da dies von der Art der Tour oder des Trainings, der Außentemperatur sowie auch vom eigenen Trainingsstand abhängt. An die folgenden allgemeinen Richtlinien aber kannst du dich aber immer halten, wenn du an nicht zu heißen Tagen und bei moderater Intensität trainierst:
Kurze Tour: maximal 1,5 Stunden – 1 Trinkflasche Wasser reicht aus.
Mittellange Tour: Zwischen 1,5 und 3 Stunden – Zwei Trinkflaschen. Nimmst du nur eine Flasche Wasser mit, achte darauf, dass du auf der Strecke einen Stopp einlegen kannst, um deinen Vorrat an einem Trinkwasserbrunnen oder in einem Café/Bar/Restaurant aufzufüllen. Profis haben normalerweise eine Trinkflasche mit Wasser und eine weitere mit einem anderen Getränk dabei. Es gibt Radsportler, die zwei Flaschen Wasser mitnehmen und Kohlenhydrate und Mineralien mit der Nahrung zu sich nehmen. Andere führen jeweils eine mineral- und eine kohlenhydrathaltige Flasche mit sich. Was auch immer du lieber magst und was für dich besser funktioniert, beim Wettkampf oder auf einer neuen Strecke bitte keine Experimente. Wähle hierfür lieber bekanntes Terrain und entferne dich nicht zu weit von zu Hause.
Längere Tour: Wie oben, doch hier gilt, egal ob du zwei Trinkflaschen oder nur eine mitnimmst, stelle sicher, dass es mindestens einen Boxenstopp zum Nachfüllen gibt. Wenn du glaubst, du könntest vergessen zu trinken oder der Stress auf der Strecke oder im Rennen könnte dich davon abhalten, auf die Signale deines Körpers zu achten, stelle den Alarm auf deinem Handy oder Fahrradcomputer auf alle 20 Minuten. Er wird dich daran erinnern, dass es einen guten Grund gibt, warum du zwei Flaschen bei dir hast. Das Gleiche gilt fürs Essen.
Die Außentemperatur. Wenn es über 25ºC sind und kein Wind unseren Körper abkühlt, sollten wir noch mehr auf unser Durstgefühl achten und sicherstellen, dass wir genügend Flüssigkeit für unsere Tour dabei haben.
Wenn es sehr heiß ist, stelle deine Trinkflasche in den Gefrierschrank, aber nicht ganz vollmachen, da Wasser beim Gefrieren an Volumen gewinnt. Nimm die Flasche eine halbe Stunde vor der Abfahrt aus dem Tiefkühler, damit sie auftauen kann.
Auch im Winter schwitzen wir. Der Körper wird durch Schweiß gekühlt und wenn man zu viel Kleidung trägt, schwitzt der Körper mehr, um sich abzukühlen und die richtige Temperatur zu halten. Beachte daher auch in diesem Fall die oben genannten Empfehlungen.
Nicht zu viel auf einmal trinken. Wie wir bereits erwähnt haben, kann eine zu hohe Flüssigkeitszufuhr schwerwiegende Folgen haben. Am besten ist es, kleine Schlucke zu nehmen, je nach Durstgefühl.
Wir empfehlen dir Wasser zu trinken, da unser Körper von Natur aus zu etwa 60 % aus Wasser besteht. Wasser ist die beste Flüssigkeit, um sich abzukühlen und den eigenen Körper mit Flüssigkeit zu versorgen. Wenn man Wasser nicht nur trinkt, sondern auch mit der Nahrung zu sich nimmt, ist das noch besser. Etwa 20 % des Wassers, das wir täglich zu uns nehmen, stammt aus der Nahrung, insbesondere aus Obst und Gemüse. Entscheide dich für pflanzliche Lebensmittel, wenn du dich vor und nach dem Radfahren mit Wasser versorgen willst. Sie sind eine großartige Quelle für Mineralien, die nach dem Training wieder aufgefüllt werden müssen. Hier 10 Tipps, wie du deinen Akku nach dem Radfahren wieder aufladen kannst.
Was ist mit Pulvermischgetränken oder anderen Arten von Getränken? Wie wir bereits erwähnt haben, kann man während des Trainings neben Wasser auch Mineralien oder Kohlenhydrate zu sich nehmen. Bedenke aber, dass sie deine Leistung nicht auf magische Weise steigern werden. Wir werden dir deine Limo oder dein Bier nach deinem Rennen oder deiner Tour sicher nicht verbieten; ebenso wenig empfehlen wir sie dir jedoch zur Regenerationssteigerung. Trinke sie, weil du sie magst, in Maßen. Und bedenke dabei, dass Alkoholkonsum mit Risiken verbunden ist und dass zuckerhaltige Softdrinks eine der Hauptursachen für Fettleibigkeit in der westlichen Welt sind.
Unser letzter Tipp bezieht sich auf die Trinkflaschen. In dieser Studie wurden verschiedene wiederverwendbare Trinkbehälter wie z.B. Fahrradtrinkflaschen untersucht und eine alarmierende Anzahl von Bakterien darin entdeckt. Genau 161.971 koloniebildende Einheiten pro Quadratzentimeter (KBE/qm); zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Haustiernapf hat 47.383 KBE. Spüle deine Flaschen daher nach jedem Gebrauch aus, kontrolliere und wechsle sie regelmäßig, denn Schmutz sammelt sich an den schwer zugänglichen Stellen an und die können leicht zu einem Nährboden für Bakterien werden.
Wie reinigt man Trinkflaschen?
Sterilisation ist die einzige Möglichkeit, Bakterien und andere Mikroorganismen abzutöten. Extrem hohe Temperaturen jedoch sind nicht für Trinkflaschen geeignet. Besser solltest du andere Produkte oder Methoden zur Sterilisation wählen, z. B. solche, die auch bei der Desinfektion von Babyflaschen und Zubehör eingesetzt werden.
Die Flasche direkt nach der Fahrt mit heißem Wasser und Seife reinigen. Dabei besonders auf die Öffnung achten. Spüle und trockne sie gut ab. In die Spülmaschine nur bei Spülgängen unter 40º C.
Du kannst auch Produkte verwenden, die bei der Lebensmittelhygiene zum Einsatz kommen oder ein paar Tropfen lebensmittelechtes Bleichmittel (1,5 ml Bleichmittel pro 1 Liter Wasser). Lasse die Lösung ein paar Minuten einwirken und spüle die Flasche dann gründlich aus. Achte dabei auf das richtige Verhältnis von Bleichmittel und Wasser.
Desinfektionstabletten für wiederverwendbare Flaschen sind eine weitere Option. Es gibt viele Optionen und Marken, am einfachsten aber ist es, die Flasche nach jeder Fahrt einfach von Hand zu waschen. Denke daran, dass es sich um ein Zubehörteil handelt, das nicht ewig hält; irgendwann musst du die Flasche ersetzen. Doch je besser du sie pflegst, desto länger wird sie halten. Hier gilt gesunder Menschenverstand, und genau der sagt dir auch, dass du trinken sollst, wenn du durstig bist.