Bei den Olympischen Sommerspielen 2024 werden die besten Radsportler der Welt in vier Kategorien gegeneinander antreten: Straßenradsport, Bahnradsport, Mountainbike und BMX. In jeder dieser Kategorien gibt es verschiedene Disziplinen und Wettbewerbe. Schauen wir uns das Ganze einmal etwas genauer an:
Straßenradsport
Wettbewerbe: Der Straßenradsport wird bei den Olympischen Spielen in zwei Wettbewerbe unterteilt: Straßenrennen und Einzelzeitfahren.
Beschreibung: Straßenrennen werden auf städtischen oder halbstädtischen Rundkursen ausgetragen, während beim Zeitfahren auf einem festgelegten Streckenverlauf gegen die Uhr gefahren wird. Während beim Straßenrennen normale Rennräder zum Einsatz kommen, werden beim Zeitfahren aufgrund der aerodynamischen Vorteile in der Regel spezielle Zeitfahrräder verwendet, es sind aber auch normale Rennräder zugelassen.
Wer den Profiradsport aufmerksam verfolgt, wird schnell feststellen, dass sich Straßenrennen in einigen Punkten von den üblichen Wettbewerben unterscheiden. Erstens sind die Teams (in diesem Fall repräsentiert durch die verschiedenen Nationen) kleiner: d.h. maximal 4 Fahrer pro Nation. Das bedeutet, es ist schwieriger, das Rennen zu kontrollieren. Zweitens sind die Auswahlkriterien für die teilnehmenden Fahrer von Land zu Land unterschiedlich. Die überwiegende Mehrheit der Sportler qualifiziert sich aufgrund ihrer Leistung, aber in einigen Fällen entscheiden die Radsporttrainer aufgrund der Fitness und der Verfügbarkeit der einzelnen Fahrer. Drittens tragen die Fahrer keine Ohrstöpsel, die die Kommunikation mit den Trainern im Auto erleichtern. Das bedeutet im Gegenzug, dass mehr improvisiert werden muss und die Rennen nur schwer vorhersehbar sind. Heißt, die Favoriten belauern sich gegenseitig, es gibt Konkurrenz unter den Teamkollegen, es bilden sich Allianzen mit anderen Ländern (aus reinem Eigeninteresse oder weil einige Fahrer außerhalb der Olympischen Spiele Teamkollegen sind) oder es kommt sogar zu völlig unerwarteten Überraschungen. So wie beim Straßenrennen der Frauen in Tokio, wo die Zweitplatzierte siegessicher die Arme in die Höhe riss, ohne zu ahnen, dass die Überlebende der ursprünglichen Ausreißergruppe, Anna Kiesenhofer, vor ihr die Ziellinie überquert hatte.
Letzte Goldmedaillengewinner*innen:
Straßenrennen Herren: Richard Carapaz (Ecuador)
Straßenrennen Damen: Anna Kiesenhofer (Österreich)
Zeitfahren Herren: Primož Roglič (Slowenien)
Zeitfahren Damen: Annemiek van Vleuten (Niederlande)
Bahnradsport
Wettbewerbe (Damen und Herren): Einzelsprint, Teamsprint, Keirin, Mannschaftsverfolgung, Omnium und Madison.
Beschreibung: Sämtliche Wettkämpfe werden mit Ein-Gang-Rädern ohne normale Bremsen (nur Rücktrittbremsen sind zulässig) in einem Velodrom ausgetragen. Sowohl bei den Herren als auch bei den Damen unterscheidet man zwischen zwei verschiedenen Gruppen bzw. Arten von Radsportlern: den Sprintern (Einzel- und Mannschaftssprint) und den Keirin-Fahrern sowie den Ausdauerathleten, die im Omnium und im Madison an den Start gehen. In der Mannschaftsverfolgung gehen ebenfalls Ausdauerfahrer an den Start. Gelegentlich werden aber auch Sprinter eingesetzt.
Äußerlich unterscheiden sich die beiden Fahrergruppen deutlich voneinander. Die Sprinter, bei denen Schnelligkeit an erster Stelle steht, haben eine ausgeprägtere Muskulatur sowohl im Oberkörper als vor allem auch im Unterkörper. Der Schwerpunkt liegt auf Explosivität, Beschleunigung und Geschwindigkeit in kurzen Zeitabschnitten. Ausdauerathleten hingegen ähneln eher den Radsportlern im Straßenradsport. Daher ist es auch wenig verwunderlich, dass nicht wenige Ausdauerfahrer und -fahrerinnen auch bei Straßenrennen an den Start gehen.
Einzelsprint: Zwei Fahrer liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen über drei Runden, mit taktischem Start und explosivem Endspurt.
Teamsprint: Teams aus drei Fahrern (Herren) treten in einem Mannschaftszeitfahren über drei Runden an, wobei jeder Fahrer eine Runde lang die Führung übernimmt.
Keirin: 6 Fahrer folgen 3 Runden lang einem Motorrad mit einer kontrollierten Geschwindigkeit von bis zu 50 km/h. Dann verlässt das “Derny” die Bahn und die 6 Fahrer kämpfen weitere 3 Runden um den ersten Platz.
Mannschaftsverfolgung: Viererteams treten in einem 4 km langen Zeitfahren gegeneinander an, wobei sie von gegenüberliegenden Seiten der Strecke starten. Das Team, das die Strecke am schnellsten absolviert oder das gegnerische Team einholt, gewinnt.
Omnium: Wettkampf mit mehreren Disziplinen (Scratch, Temporennen, Ausscheidungsfahren und Punktefahren) an einem Tag. Die Fahrer sammeln in jedem Rennen Punkte, die Gesamtpunktzahl entscheidet über den Sieger.
Madison: Zweierteams treten in einem Langstrecken-Staffelrennen (50 km bei den Herren, 30 km bei den Damen) gegeneinander an, wobei alle 10 Runden Punkte in Sprints vergeben werden. Punkte können auch durch Überholen des übrigen Feldes erzielt werden.
Letzte Goldmedaillengewinner*innen:
Einzelsprint Herren: Harrie Lavreysen (Niederlande)
Einzelsprint Damen: Kelsey Mitchell (Kanada)
Teamsprint Herren: Niederlande (Roy van den Berg, Harrie Lavreysen, Jeffrey Hoogland und Ersatzfahrer Matthijs Büchlin)
Teamsprint Damen: China (Bao Shanju und Zhong Tianshi)
Mannschaftsverfolgung Herren: Italien (Simone Consonni, Filippo Ganna, Francesco Lamon und Jonathan Milan)
Mannschaftsverfolgung Damen: Deutschland (Franziska Brauße, Lisa Brennauer, Lisa Klein und Mieke Kröger)
Keirin Herren: Jason Kenny (Vereinigtes Königreich)
Keirin Damen: Shanne Braspennincx (Niederlande)
Madison Herren: Dänemark (Lasse Norman Hansen und Michael Mørkøv)
Madison Damen: Vereinigtes Königreich (Katie Archibald und Laura Kenny)
Omnium Herren: Matthew Walls (Vereinigtes Königreich)
Omnium Damen: Jennifer Valente (USA)
Mountainbike (MTB)
Wettbewerb (Herren und Damen): Cross-Country (XCO)
Beschreibung: Das Rennen wird auf vollgefederten Mountainbikes ausgetragen, aber auch Fahrräder mit Vorderradfederung sind zugelassen. Das Rennen findet in einer natürlichen Umgebung statt, aber die Strecke besteht aus vielen speziell angelegten Abschnitten mit Anstiegen, Abfahrten, technisch anspruchsvollen Passagen und zusätzlichen Hindernissen, die nicht nur die Ausdauer, sondern auch die technischen Fähigkeiten der Fahrer auf die Probe stellen
Jedes Land erhält je nach Platzierung im Worldcup-Ranking 1 oder 2 Startplätze. Für die endgültige Vergabe der Startplätze legt jeder Verband die Kriterien selbst fest. In der Regel erfolgt die Auswahl nach Kriterien wie z. B. den Ergebnissen der ersten Weltcuprennen, doch gibt es immer Raum für Ausnahmen.
Letzte Goldmedaillengewinner*innen:
Herren: Thomas Pidcock (Vereinigtes Königreich)
Damen: Jolanda Neff (Schweiz)
BMX
Wettbewerbe (Damen und Herren): BMX-Race und BMX-Freestyle
BMX-Race: Sehr kurze Rennen auf 20-Zoll-BMX-Rädern, bei denen die Athleten auf einer Rampe starten und beim Herunterfahren unter Ausnutzung der Schwerkraft ordentlich Fahrt aufnehmen. Die Strecke verläuft auf verdichtetem Untergrund mit 180-Grad-Kurven und verschiedenen Bodenwellen, die mehrere Sprünge und Manöver erfordern, um die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.
Am Anfang steht die Qualifikation. Jeder Fahrer nimmt an drei Läufen mit jeweils acht Fahrern teil und erhält je nach Platzierung Punkte. Ziel ist es, so wenig Punkte wie möglich zu bekommen. Der Erstplatzierte erhält 1 Punkt, der Zweitplatzierte 2 Punkte usw. bis hin zu Platz 6.
Die 12 besten Fahrer qualifizieren sich für das Halbfinale, während die Plätze 13 bis 20 in einem weiteren Durchgang eine letzte Chance erhalten, sich als Top 4 ebenfalls für das Halbfinale zu qualifizieren. Das Halbfinale wird ebenfalls in drei Läufen ausgetragen, in denen jeder gegen jeden um die niedrigste Punktzahl kämpft. Die besten 8 Fahrer erreichen das Finale, das aus einem einzigen Durchgang besteht. Der Sieger gewinnt die Goldmedaille.
BMX-Freestyle: Der Wettbewerb findet in einem Bikepark mit verschiedenen Rampen und Hindernissen statt. Die Fahrer zeigen 60 Sekunden lang Tricks und Manöver, um eine Punktzahl zwischen 0 und 100 zu erhalten, die von der Fachjury nach verschiedenen Parametern wie Schwierigkeit, Vielfalt, Kreativität, Flow, Ausführung, Amplitude, Risikofaktor und Stil vergeben wird.
Damit die Fahrer verschiedene Tricks, Sprünge und Routinen zeigen können, sind die Bikes im BMX-Freestyle anders konstruiert als im BMX-Race.
Auch im BMX-Freestyle gibt es zunächst eine Qualifikationsphase, in der jeder Fahrer zwei Runden im Bikepark absolviert und seine Tricks präsentiert. Die Endpunktzahl ergibt sich aus dem Durchschnitt der beiden Runden. Die neun Fahrer mit der höchsten Punktzahl kommen ins Finale. Dort werden ebenfalls zwei Runden gefahren, von denen nur die beste in die Wertung eingeht. Der Fahrer mit der höchsten Punktzahl gewinnt die Goldmedaille.
Letzte Goldmedaillengewinner*innen:
BMX-Race Herren: Niek Kimmann (Niederlande)
BMX-Race Damen: Bethany Shriever (Vereinigtes Königreich)
BMX-Freestyle Herren: Logan Martin (Australien)
BMX-Freestyle Damen: Charlotte Worthington (Vereinigtes Königreich)
Insgesamt umfasst der Radsport bei den Olympischen Spielen 22 Wettbewerbe mit 514 Teilnehmern und 66 zu vergebenden Medaillen. Während die Olympischen Spiele für die Radsportler in den meisten Disziplinen von großer Bedeutung sind, stellen sie für die Straßenradsportler ein eher zweitrangiges Ereignis dar, auf das sie sich nicht gesondert vorbereiten. Lediglich die Goldmedaillengewinner unter den Straßenradsportlern dürften dies ein wenig anders sehen, vor allem dann wenn der Gewinn der Goldmedaille den größten Erfolg ihrer Karriere darstellt (auch wenn die meisten von ihnen die Goldmedaille sicher sofort gegen einen Sieg bei der Tour de France oder den Weltmeisterschaften eintauschen würden). Bei den Bahnradfahrern, den so genannten Pistards, ist es genau umgekehrt. Für sie bedeutet eine olympische Medaille alles und sie bereiten sich gezielt auf jeden olympischen Zyklus vor, da dieser über ihre gesamte Karriere entscheiden kann. Den Kalender aller Radsportveranstaltungen findest du auf der offiziellen Website der Olympischen Spiele oder hier.